Die Trennung der Eltern ist für Kinder ein einschneidendes Erlebnis, das oft mit Ängsten und Unsicherheiten verbunden ist. In der Mediation stellen sich Eltern häufig die Frage, wie sie als Paar getrennte Wege gehen können und zugleich gemeinsam Eltern bleiben.
In dieser von Emotionen geprägten Situation fällt es schwer, Ruhe zu bewahren, den anderen Elternteil respektvoll einzubeziehen und dabei das Wohl der Kinder im Blick zu behalten. Die folgenden Aspekte sind in der Mediation zentrale Themen, wenn es darum geht, die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen:
Klarheit
Wie sagen wir es den Kindern? Was tun, wenn wir selbst noch nicht wissen, wie es weitergeht? Kinder spüren Veränderungen und reagieren mit Unsicherheit. Warten Sie daher nicht zu lange mit einem ehrlichen, aber altersgerechten Gespräch. Idealerweise führen Sie dieses gemeinsam als Eltern.
Vermeiden Sie Schuldzuweisungen und überfordern Sie die Kinder nicht mit Details. Konzentrieren Sie sich darauf, was sich für sie konkret ändert, ohne falsche Versprechen zu machen. Kinder reagieren unterschiedlich – manche sofort, andere später. Geben Sie ihnen Zeit und Raum, ihre Emotionen auszudrücken.
Vertrauen, Verlässlichkeit und Struktur
Eltern bleiben Eltern – auch nach der Trennung. Vermitteln Sie Ihren Kindern immer wieder, dass Sie sie immer lieben werden, auch wenn Sie kein Paar mehr sind. Kinder dürfen beide Eltern lieben, und es ist Ihre Aufgabe, das zu unterstützen. Ein stabiler Alltag mit festen Routinen gibt Sicherheit. Halten Sie Absprachen zur Betreuung ein und ermöglichen Sie regelmäßigen Kontakt zu beiden Elternteilen, sofern es das Kindeswohl erlaubt.
Soziale Strukturen, wie Freundschaften und Freizeitaktivitäten, sollten möglichst erhalten bleiben oder neu geschaffen werden. Kinder brauchen das Vertrauen, dass sie sich auch in der veränderten Familiensituation auf ihre Eltern verlassen können.
Zuhören und Emotionen ernst nehmen
Kinder sollten in einem angemessenen Rahmen in Entscheidungen einbezogen werden – ohne die Verantwortung dafür zu tragen und ohne einem Entscheidungsdruck ausgesetzt zu werden. Fragen Sie Ihre Kinder, welche Wünsche und Vorstellungen sie haben, machen Sie zugleich klar, dass Sie als Eltern entscheiden müssen, welche Regelungen für die Familie am besten sind. Berücksichtigen Sie die Wünsche Ihrer Kinder, soweit dies für eine gute Lösung geboten ist.
Versuchen Sie, Ihre Kinder mit all den Emotionen anzunehmen, die die Trennung auslöst: Trauer, Wut, Verwirrung oder Schuldgefühle. Signalisieren Sie, dass diese Gefühle erlaubt sind: „Es ist okay, traurig oder wütend zu sein. Ich bin hier, um dir zuzuhören.“
Perspektivwechsel
Trennungskonflikte machen es am Anfang meist schwer, eine positive Zukunftsperspektive zu entwickeln. Sie stehen vor den Herausforderungen, konstruktiv mit den veränderten Umständen umzugehen und das Vergangene abzuschließen, und zugleich ihre Kinder bei diesem Schritt zu unterstützen. Es kann helfen, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Wie soll unser Leben in 5 Jahren aussehen? Was habe ich dann im Rückblick heute getan, damit das Leben sich so entwickelt hat? Versetzen Sie sich dabei in die Rolle Ihrer Kinder. Welche Fragen stellen sie sich? Was soll mein Kind in ein paar Jahren sagen, wenn es auf die Zeit der Trennung zurückblickt?
Dies kann Sie auch unterstützen, eine neutralere Haltung zu entwickeln und so Ihre Kinder auch nicht in Loyalitätskonflikte zu bringen. Vermeiden Sie es, schlecht über den anderen Elternteil zu sprechen oder das Kind als Vermittler zu nutzen. Wenn Ihnen dies gelingt, entlasten Sie sich und Ihre Kinder sehr, und Ihre Kinder werden zu Ihnen beiden als Eltern eine stabile Beziehung aufrechterhalten können.
Zeit und Geduld
Kinder brauchen Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Trauer, Wut oder Ablehnung gegenüber einem oder beiden Elternteilen sind normale Reaktionen und Teil des Verarbeitungsprozesses. Besonders Patchwork-Familien stellen Kinder vor neue Herausforderungen. Seien Sie geduldig, bleiben Sie offen für Gespräche und gestehen Sie auch eigene Unsicherheiten ein.
Veränderungen sind ein Prozess – für Kinder ebenso wie für Eltern. Rückschläge gehören dazu. Wichtig ist, dass Sie den Kindern Sicherheit und Beständigkeit vermitteln, und zugleich aber auch Ihre eigenen Bedürfnisse nicht vernachlässigen.
Fazit: Kinder stärken, auch in schwierigen Zeiten
Kinder brauchen in dieser Phase vor allem Liebe, Verständnis und Sicherheit. Eltern, die sensibel auf ihre Bedürfnisse eingehen, helfen ihnen, diese Herausforderung zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen.
Eine Mediation oder andere fachliche Unterstützung kann helfen, eine stabile Basis für die neue Familiensituation zu schaffen – und damit den Kindern den bestmöglichen Halt zu geben.
Literaturempfehlungen zum Thema Trennung und Scheidung mit Kindern
-in alphabetischer Reihenfolge-
FIGDOR, HELMUTH (2011): Scheidungskinder: Wege der Hilfe (7. Auflage). Psychosozial-Verlag.
LARGO, REMO; CZERNIN, MONIKA (2022): Glückliche Scheidungskinder – Was Kinder nach der Trennung brauchen (5. Auflage). Piper Verlag.
MATTHÄUS, THOMAS; LÜTKEHAUS, ISABELL (2021): Umgang im Wechselmodell – Eine Familie, zwei Zuhause: Gleichberechtigt Eltern bleiben nach Trennung und Scheidung. Beck dtv.
MERGELL, MILENA; BAUM, THOMAS (2022): Unser Kind hat zwei Zuhause – Erfahrungen aus 9 Jahren Wechselmodell. Komplett-Media.
NOLDE, MARIANNE (2020): Eltern bleiben nach der Trennung – Was Ex-Partner für sich und ihre Kinder wissen sollten. Knaur Verlag.